Professoren – (Halb)Götter in grau
Beitrag von einem ominösen 😉 Gastautor
Ich möchte an dieser Stelle gerne jene unverstandene Menschen huldigen, die ein wahrlich schweres Los zu tragen haben. Tag für Tag quälen sie sich in die Uni, in der sie nichts erwartet, außer einem eigenen Büro, meist mit eigener Sekretärin, eigener Kaffeemaschine und beheizten Klodeckeln. Doch wie kann dies alles helfen, wenn doch der Schrecken außerhalb dieses geschützten Raumes lauert? Nein, nicht die langen Wege in die Mensa, wo man sich in ein und dieselbe Schlange mit irgend-welchen niederen Subjekten stellen muss. Auch die vier bis fünf Hilfskräfte, die einem zwar sämtliche Arbeit abnehmen, aber dennoch ja aus dem Pool dieser niederen Subjekte entspringen, sind zu verkraften. Nein, das Hauptproblem für einen Professor sind eben jene Subjekte, die im Volksmund stets als Studenten bezeichnet werden.
Doch glücklicherweise findet jeder Prof in seinem vollgepackten Terminkalender zwischen Gängen in die Mensa und den überfüllten Vorlesungssälen, in denen er Reden schwingt, die nicht einmal ihn selbst interessieren, geschweige denn einen der hundert Studenten, die irgendwie versuchen diese Rede zu überstehen, ohne völlig den Verstand zu verlieren. Also wie gesagt – glücklicherweise findet der heutige Prof zwischen diesen Verpflichtungen noch die Zeit seiner Wut Ausdruck zu verleihen. Denn wozu sonst gibt es in einem Informationszeitalter das Medium „E-Mail“ mit dem man gleich all seine Studenten auf einmal beschimpfen kann und ihnen auf diese Weise deutlich machen kann, dass sie nichts weiter als niedere Subjekte sind, die sich glücklich schätzen sollten, dass er -der große Held- sich überhaupt dazu herablässt, sich einen ihrer ihm völlig unwürdigen Texte anzutun.
Das Schlimmste an eben jenen Texten, die die Studenten ihm natürlich völlig freiwillig überlassen haben und nur, um ihn zu schikanieren, ist aber, dass sie sich mit einem Thema der Vorlesung befassen, anstatt mit relevanten Themen wie dem Weltfrieden, Hungersnöten oder Nylonperlensöckchen von NKD. Aus diesem Grund ist es natürlich durchaus verständlich, dass der Professor nicht nachvollziehen kann, wieso seine Studenten für ihre vollkommen freiwillig und ohne jeden Zwang verfassten Texte (nur um es nochmals zu betonen) ein Thema nutzen, dass er in seiner Vorlesung gefühlte 200 Stunden durchgekaut hat, damit auch wirklich dem letzten Idioten klar ist, wer zum Teufel Bourdieu ist und warum er das Schulsystem so doof findet. Natürlich war da absolut nicht abzusehen, dass sich 90 der hundert Studenten für dieses Thema entscheiden, wo der Prof doch auch noch für eine Minute über ein zweites Thema gesprochen hatte, dass natürlich viel wichtiger und interessanter war.
Doch zum Glück gibt es sie auch in der Uni: Die taschenhinterhertragenden Speichellecker, die sich in den letzten zwei Wochen vor der Abgabe mit nur zwei Stunden Schlaf begnügten, um so dieses Thema zu erfassen und ein Essay abzugeben, dass in die geschundenen Augen des Professors die Freudentränen hineintreibt.
Wie gesagt: es ist durchaus verständlich, dass der Professor sich von seinen Studenten ungeheuer schlecht behandelt fühlt , nicht zuletzt, weil sie es gewagt haben mutige Formulierungen wie „der Mensch“ zu verwenden, um eine Spezies zu beschreiben, der auch er angehört. Dabei ist doch sicherlich jedem Kleinkind bereits klar, dass das Wort „Mensch“ lange nicht ausreichend ist, um eine derart hoch entwickelte Spezies zu beschreiben, weshalb es unumgänglich ist, Begriffe wie „Individuum“ oder „Subjekt“ zu nutzen. Ein großes Danke an dieser Stelle, dass eine solche Unart von ihm „brutalstmöglich“ geahndet wird und so zumindest ein kleiner Teil der Studenten zu besseren Menschen werden kann.
Und für diejenigen, bei denen selbst er nichts mehr ausrichten kann, weil sie nicht einmal in der Lage sind eine einfache Anweisung zu befolgen und das schlimmste, abscheulichste Wort seit Menschen-gedenken aus ihrem Wortschatz zu verbannen – ein kleines Wort, das ebenso unscheinbar wie gefährlich erscheint: das „Ich“. Nun für diejenigen, die eine eigene Meinung tatsächlich mit den Sätzen „Ich denke . . .“ beginnen und damit deutlich zeigen, dass sie nicht einmal für einen Abschluss in der Grundschule geeignet sind, denen bleibt nichts weiter übrig, als ihr Poesiealbum aufzuschlagen und dort alle ihre Ich´s niederzuschreiben, auf dass der geschundene Professor nie wieder mit ihnen belästigt wird.
Mein abschließender Dank gebührt also eben diesen grauen Eminenzen, die Tag für Tag ihr Leben riskieren, um unreife Subjekte (nicht etwa Menschen) zu formen und ihnen eben jene Unarten auszutreiben, die sie sicherlich in den nächsten Jahren zu Massenmördern oder gar Steuerberatern werden ließen. Danke für die viele Mühe, die ihr euch beim Lesen meiner Texte gebt, danke für die qualifizierte Rückmeldung, dank derer ich weiß, welche Wörter ich in Zukunft nicht mehr verwenden darf und welche Themen ich nicht mehr benutzen darf (nämlich die aus euren Vorlesungen). Und natürlich einen großen Dank dafür, dass ihr das Wichtigste vermittelt, was man nur vermitteln kann: Professoren sind Götter, Studenten nichts weiter als der Dreck unter ihren Schuhsohlen.